Warum ich Feminismus ziemlich lange ziemlich doof fand…

Ich komme aus einem nicht unbedingt politisch oder gar feministisch geprägten Elternhaus. Auch wenn meine Mutter in einigen Teilen durchaus feministisch in ihrer Handlung und Haltung gewesen ist, dann nicht aus dem Verständnis oder Bedürfnis eines allgemeinen Feminismus, sondern eher situationsbedingt.
Unter anderem dadurch hatte ich als Jugendliche keinen tieferen Kontakt zu Feminist*innen, zu ihren Schriften und ähnlichem. Die einzige Feministin, die ich viele Jahre “kannte”, war Alice Schwarzer.
Und mit ihren Aussagen konnte ich nichts anfangen, oft lösten sie in mir sogar Unbehagen aus. Ich hatte schon immer ein großes Problem mit Regeln, die andere meinen, (für mich) aufstellen zu müssen und finde Lustfeindlichkeit unerträglich. Und genau diese Punkte (und viele weitere, für mich negative) bediente und bedient sie.
Ich wurde schon recht früh von Lehrenden (und anderen) als Emanze bezeichnet, was für mich schrecklich war, weil meine Assoziation von Emanze Alice Schwarzer war. Und so wollte und will ich nicht sein. Emanze war für mich also nicht nur ein generell negativ besetzter Begriff, sondern auch ein individueller negativer.
Irgendwann fing ich (unter anderem durch Menschen in meinem Umfeld) an, mich mit Feminismus näher auseinanderzusetzen, auf theoretischer Ebene. Und durch diese Auseinandersetzung wurde mir klar, dass ich schon lange und ohne mir dessen bewusst zu sein, feministische Ziele und Haltungen vertrat. Es eröffnete sich mir plötzlich eine ganze Welt feministischer Menschen, die oft meinen Nerv trafen. Als ich zu realisieren begann, dass Feminismus “auch was für mich” ist und es zum Glück nicht nur den in meinen Augen lustfeindlichen und männerhassenden Feminismus von Schwarzer gibt, begann ich, mich als Feministin zu fühlen und zu bezeichnen.
Würde mir ein Lehrer heute sagen, ich sei eine Emanze, würde ich ihn fragen was denn an Emanzipation schlecht sei. Ich vermute, ich wäre sogar ein bisschen stolz und nicht beschämt, mein Gegenüber aus seiner patriachalen Komfortzone zu bringen.