Bald ist wieder der 08.03., feministischer Kampftag. Dieser Blog ist aus der Stimmung, die ich nach dem letzten feministischen Kampftag hatte, entstanden.
In diesem Beitrag möchte ich mich mit körperlicher Selbstbestimmung auseinandersetzen, der erste Teil bezieht sich auf die Selbstbestimmung in Bezug auf Reproduktionsrechte, der zweite Teil auf Selbstbestimmung im sexuellen Kontext von Frauen.
Schwangerschaftsabbrüche
Diesen Text habe ich bereits am internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen auf der Demonstration verlesen, da sich nichts geändert hat und er nach wie vor aktuell ist, ist er hier noch ein Mal:
Nach wie vor ist der Zugang zu der Information, welche Ärzt*innen Schwangerschaftsabbrüche vornehmen eingeschränkt, es muss ein Beratungsgespräch stattfinden, wobei nicht alle Beratungseinrichtungen ergebnisoffen beraten bzw. die benötigte Bescheinigung ausstellen.
Nach wie vor rufen sogenannte Lebensschützer*innen zu Blockaden von Beratungsstellen auf.
Nach wie vor ist der Abbruch einer Schwangerschaft eine Straftat, die unter gewissen Umständen nicht verfolgt wird. Und nach wie vor werden Schwangerschaftsabbrüche im Medizinstudium wenn nur auf rechtlicher und ethischer Ebene thematisiert, praktische Übungen an Papayas, die sich hierfür besonders eignen, werden von Studierenden selbst organisiert.
Es ist an der Zeit, dass Frauen selbst entscheiden können müssen, ob sie eine Schwangerschaft abbrechen möchten oder nicht, ohne Verurteilung dieser sehr privaten Entscheidung und mit uneingeschränktem Zugang zu Informationen darüber und das bei entsprechend gut ausgebildeten Mediziner*innen.
Information ist keine Werbung, sondern unser Recht!
Sterilisation.
Ein weiterer Punkt ist der enorm schwierige Zugang zur Sterilisation für Frauen. Während für Sterilisation beim Mann regelrecht Werbung gemacht wird, haben Frauen es sehr schwer, Mediziner*innen zu finden, die bereit sind, diesen Eingriff durchzuführen.
Immer wieder ist, gerade bei Frauen unter 30 das Argument, dass sich der Kinderwunsch bestimmt noch einstellen wird und es ja genug andere Verhütungsmethoden bis dahin gäbe, die nicht endgültig sind, nach wie vor wird Frauen sehr häufig ein Bruttrieb unterstellt, Mutterwerden ist die Norm.
Hinzu kommt, dass oft darauf hingewiesen, dass der Partner sich ja einer Sterilisation unterziehen könne. Dies impliziert aber, dass es nur einen festen und langjährigen Sexualpartner gibt, andere Möglichkeiten werden nicht zugelassen. Um die Lebensrealität von Menschen mit Gebärmutter, die sich sterilisieren lassen wollen deutlich zu machen, habe ich in einer Gruppe die sich mit dem Thema beschäftigt, nach Erfahrungsberichten gefragt.
Ich: von 27-33 über sechs Jahre diverse Ärzte aufgesucht, endlich einen gefunden, der mir die Überweisung in die Klinik ausgestellt hat, dann in der Klinik die diensthabende Ärztin überzeugt nach viel Diskussion und am Oberarzt gescheitert.
Zwischenzeitlich hätte einen Termin in Wien bei prowoman.at wahrnehmen können, ging aber mit der Arbeit zeitlich nicht zu vereinbaren. (In Österreich hat jede Frau ab 25. Das Recht zu entscheiden.)
Ich habe es seit ich 29 bin bei drei verschiedenen Frauenärzten versucht. Habe zu hören bekommen, dass ich zu jung, sei, dass zu viele Frauen den Eingriff bereuen und er das rechtlich nicht vertreten könne. Später habe ich nachgelesen, dass die Rate der Frauen, die sich kinderlos sterilisieren lassen und dies bereuen in Wirklichkeit sehr gering ist. Auf jeden Fall gering genug, dass ich das Risiko eingehen würde. Zumal ich sicher bin, keine Kinder zu wollen. Ich habe mir in meinem Leben viele Dinge ausgemalt, was in meiner Zukunft sein wird, aber dass ich Mutter bin war nie dabei. Auch heute noch ist mein erstes Gefühl, wenn mir jemand erzählt, dass sie schwanger ist, Entsetzen, weil dies mein Gefühl wäre. Mittlerweile sind ein paar Jahre vergangen und ich hoffe, dass ich jemanden finde, der nicht der Meinung ist, ich sei zu jung für so eine Entscheidung.
Melanie, 30, hat nun das OK sich sterilisieren lassen, nachdem sie Brustkrebs hatte und dadurch ihr eigenen Leben durch eine Schwangerschaft gefährdet wäre.
Man muss also scheinbar todkrank sein, damit man diese Möglichkeit bekommt, ohne zig Ärzte aufsuchen zu müssen, von denen dir 95% sagen, dass du doch nur den richtigen Partner brauchst oder deine biologische Uhr auch noch ticken wird.
Janine, 27 kinderlos und schon immer ohne Kinderwunsch gewesen. Zusätzlich mit 19 an hochaktiver Multiplen Sklerose erkrankt und zuletzt aufgrund der hohen Schubrate mit Chemotherapeutika behandelt worden. Eine Schwangerschaft könnte ein schwerst behindertes Kind bedeuten oder ich selbst werde danach noch kränker; im schlimmsten Falle pflegebedürftig. Laut Ärzten (alter Neurologe sowie Gynäkologe) sei das doch absolut kein Grund keinen Kinderwunsch zu haben!
Kira, fast 29, kinderlos und ohne Kinderwunsch, weiß seit der Pubertät, dass sie keine Kinder möchte. Seit 11 Jahren sucht sie nach einem verständnisvollem Arzt und war hierfür in vielen verschiedenen Städten und bei unzähligen Ärzten. Die respektloseste Aussage einer Ärztin bekam sie kürzlich: „dann gehen Sie halt nach Tschechien und lassen das unsteril bei einem Hinterhof Metzger machen, ein guter Deutscher Arzt macht das nie bei Ihnen, wenn Sie keine Kinder haben! Sie ändern Ihre Meinung sowieso und bereuen es!“
Julia, 28J. erkundigte sich telefonisch bei einer Klinik und bekam die Antwort “wir sind eine katholische Einrichtung und unterstützen solche Schandtaten nicht.” Die Dame schnaufte und legt einfach auf, ohne sich zu verabschieden. In dem Moment fühlte ich mich wie ein unmenschliches falsches Lebewesen.
Melanie, 26, glücklich kinderfrei : durch diverse genetische dispositionen sind hormonelle Verhütungsmittel nicht die beste idee. Selbst bei 3 Ärzten angefragt, immer belächelt worden und beim letzten GYN hieß es: “WIR operieren sowieso garnicht, aber in ihrem alter wäre es unverantwortlich Sie zu sterlisieren. Möchten Sie nicht doch die Pille?”
Daraufhin habe ich ich eine Freundin gebeten bei ihrem GYN mal abzuklopfen wie er eingestellt ist. Er sage Ihr, dass es illegal sei eine Frau in DE zu sterilisieren.
Auch hier zeigt sich, dass das Recht der Selbstbestimmung über ihren Körper und daraus resultierende Reproduktionsmöglichkeiten der Frau häufig nicht durch sie selbst wahrgenommen werden kann.
Recht auf sexuelle Selbstbestimmung
Der Wunsch, dieses Thema anzusprechen kam mir nach dem Gespräch mit einer Freundin. Ich habe ihr erzählt, dass ich schon Menschen aus meinem Bett geworfen und nach Hause geschickt habe, weil ich keinen Spaß hatte, sie fand das krass. Es hat mich total beschäftigt, weil ich es nicht krass fand bzw. finde. Ich finde es krass, seinen Körper für einen anderen Menschen zur Verfügung zu stellen, obwohl es einer selbst in dem Moment nicht gut tut/gefällt.
Deswegen ist es mir ein sehr großes Anliegen, euch daran zu erinnern, dass nur ein Mensch das Recht hat zu bestimmen, was mit eurem Körper passiert und das seid ihr selbst! Ihr seid NIEMALS dazu verpflichtet, es anderen Recht zu machen. Natürlich „zerstört“ so eine Aussage die Situation, in meinen Augen ist die Situation aber schon in dem Moment zerstört, in dem ihr euch nicht wohlfühlt. Und dabei ist es völlig gleichgültig, wer euer Gegenüber ist, ob ONS oder Beziehung, völlig egal.
Nur, weil ihr eurem Gegenüber irgendwann Mal eine Zustimmung gegeben habt, ist das keine Dauerkarte! Und auch wenn ihr anfangs eine Zustimmung gegeben habt, habt ihr jederzeit das Recht, diese zu wiederrufen, wenn ihr merkt, dass ihr keine Lust mehr habt, egal was der Grund ist. Es ist nicht eure fucking Aufgabe, die Erwartungshaltung anderer Menschen zu erfüllen. Eure Körper sind nicht dazu da, anderen Menschen außer euch selbst, Lust zu bereiten! NIEMALS.
Redet offen über Eure Bedürfnisse, über No-Gos, über Dinge die euch Angst machen. Ich meine ernsthaft, was soll die Scham? Ihr liegt nackt mit mindestens einem anderen Menschen im Bett (oder woanders), berührt euch an euren intimsten Stellen aber habt Scheu, zu äußern, was Euch gerade Spaß machen würde oder was Euch gerade keinen Spaß macht? Schlechter, als dass ihr gerade keinen Spaß habt kann die Situation doch gar nicht mehr werden, oder?!
Ihr bestimmt eure Sexualität, ihr allein habt das Recht dazu, zu entscheiden, was ihr wollt. Und dazu zählt für mich auch, dass ihr entscheidet, ob ihr Sex haben möchtet oder nicht.
Macht euch das bitte bewusst. Ihr müsst nichts aushalten. Ihr müsst nicht ruhig, nicht lieb, nicht nett sein. Eure Aufgabe ist es, auf Eure Bedürfnisse zu achten, für sie einzutreten und solidarisch mit anderen zu sein, die das nicht können.