TW: sexualisierte Gewalt
Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich Flinta in meinem Umfeld habe, die noch nie Opfer von sexualisierter Gewalt wurden. Von den meisten weiß ich, dass sie oft bereits in jungen Jahren eben diese erlebt haben.
Umgekehrt erlebe ich immer wieder, dass Männer erzählen, sie würden keine Betroffenen (persönlich) kennen. Ich unterstelle, dass es nicht so ist, dass diese Männer keine Betroffenen kennen. Ich unterstelle, dass die Betroffenen, die sie kennen, aus verschiedensten Gründen nicht (mit ihnen) darüber reden.
Weil es teils sehr traumatische Erfahrungen sind, weil viele Betroffene sexualisierte Gewalt immer noch nicht als solche wahrnehmen, solange es keine Vergewaltigung war. Weil da ganz viel Scham und Schuldgefühle mit rein spielen. Weil die Angst groß ist, sich rechtfertigen zu müssen, warum man _trotzdem_ so “normal ist/wirkt, warum man trotzdem Sex hat und daran Spaß hat. Warum man keine Anzeige gemacht hat. Weil die Angst groß ist, dass das Erlebte kleingeredet wird. Weil das Gegenüber vielleicht selbst nicht den Anschein gibt, ein sicherer Ort zum Erzählen zu sein. Weil man nicht immer und immer wieder über die Scheiße reden will und/oder kann. Und das sind nur ein paar, die mir direkt einfallen.
Was ich dabei super wichtig finde: Außer mir bestimmt niemand, wann, wo, wie und mit wem ich darüber rede oder nicht. Nur, weil ich zu einem anderen Menschen eine Beziehung habe, gleich welcher Art, hat dieser Mensch keinerlei Anspruch, dass ich ihm meine Geschichte so erzähle, wie er es gerne hätte!
Warum ich das schreibe? Weil ich mich gerade daran erinnert habe, wie ich auf Twitter über meine eigenen Erfahrungen geschrieben habe und mich kurz darauf ein Mensch, mit dem ich zu dem Zeitpunkt eine Beziehung hatte, weinend angerufen hat und sich beschwert hat, dass ich ihm das nicht vorher erzählt habe.
(Kleiner Einschub: Ich hatte mit diesem Menschen mal ein Gespräch, in dem ich einfach von Situationen erzählt habe, in denen ich sexualisierte Gewalt erlebt habe. Es endete dann mehr oder minder, weil er irgendwann darum gebeten hat, dass ich aufhöre, weil er es nicht (mehr) aushält, zuzuhören und der Frage, warum ich so bin, wie ich bin. Also wie ich z.B. weiter Sex haben kann/sexpositiv sein kann.)
Mich hat dieser Anruf im Rückblick betrachtet ziemlich fertig gemacht. Zum einen habe ich (mal wieder in dem Kontext) überlegt, was ich falsch gemacht habe. Zum anderen habe ich mich gewundert, nach dem vorangegangenen Gespräch, dass es die Person überrascht. Und was sich bei mir eingebrannt hat, war die Forderung “Ich will das wissen”.
Deswegen ganz deutlich an alle: Nur die betroffene Person bestimmt, was sie wo, wann und wie von ihrer Geschichte erzählt. Und ob überhaupt. Ihr könnt ein Gesprächsangebot machen. Aber ihr habt keinen Anspruch auf irgendwas!