Leider ist dieser Beitrag, den ich am 25.11.2019 auf einer Demonstration gegen Gewalt an Frauen gehalten habe, immer noch aktuell.
Erst heute wieder habe ich gelesen “Frau stirbt nach Streit” als Überschrift für einen Artikel, in dem beschrieben wird, dass eine Frau von ihrem Ehemann verletzt und anschließend in einem Teich ertränkt wurde.
Als Femizid wird der Mord an Frauen bezeichnet, warum Femizide oft anders gelagert sind, als andere Morde, verdeutlichen folgende Zahlen:
Weltweit werden 35% der Morde an Frauen durch aktuelle oder ehemalige Partner begangen, bei Morden an Männern liegt die Rate bei 5%. Erst seit 2011 gibt es in Deutschland die Voraussetzung zur Erfassung von Partnerschaftsgewalt bzw. daraus resultierender Tötung in der Kriminalstatistik. Und das, obwohl durchschnittlich eine Frau am Tag versucht wird von ihrem Partner oder ehemaligen Partner zu töten. Jeden 3. Tag eine Frau tatsächlich stirbt, in 2018 waren es 123 Frauen. Gewalt durch ehemalige Partner wird nicht gesondert erfasst.
Warum habe ich nicht von Mord, sondern von Tötung in Folge von Partnerschaftsgewalt gesprochen?! Der Bundesgerichtshof hat 2008 entschieden, dass das Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe in Zweifel stünde, wenn “die Trennung von dem Tatopfer ausgeht und der Angeklagte durch die Tat sich dessen beraubt sieht, was er eigentlich nicht verlieren will”. Dann soll kein Mord, sondern nur ein Totschlag vorliegen. Diese Entscheidung spiegelt patriarchale Gedankenmuster wider. Denn es ist eine patriarchale Besitzkonstruktion, wenn davon ausgegangen wird, dass der Angeklagte sich dessen beraubt sieht, was er eigentlich nicht verlieren will. Wenn etwas geraubt wird, muss man es zunächst besessen haben.
Warum erzähle ich das? Weil es den medialen Umgang mit versuchten Femiziden und Femiziden widerspiegelt. Bei Mord an Frauen wird in der Regel von Familientragödie oder Eifersuchtsdrama gesprochen. Wenn der Täter deutsch ist. Nur, wenn er keinen deutschen Pass besitzt, werden Wörter wie Mord und Tötung in den Mund genommen.
Was ist das Problem an den Begriffen? Tragödien und Dramen mildern die Schwere der Tat zum einen ab, gleichzeitig geben sie dem Opfer eine Mitschuld. Daher ist es längst überfällig, dass Morde, auch und gerade durch Partner begangene, endlich als solche benannt und geächtet werden. Unabhängig von der vermeintlichen Herkunft des Täters.
Es liegt in unserer Verantwortung, dass der Fokus verschoben wird. Es kann und darf nicht länger sein, dass Frauen „hilfreiche Tipps“ bekommen, wie sie sich zu verhalten haben, um das Risiko Opfer von Gewalt und Mord zu werden zu minimieren. Es ist an der Zeit, dass Morde an Frauen als solche bezeichnet und geächtet werden, gesellschaftlich und medial